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Dieses Thema hat 1 Antworten
und wurde 301 mal aufgerufen
 Gedichte und Geschichten
lebenskrank Offline

Adminna


Beiträge: 175

16.05.2005 18:20
Der Elf Antworten

(c) lebenskrank

Stiefel setzen auf junges Gras auf, zwingen es sich zu beugen, heben sich wieder, schreiten weiter. Langsam, bedächtig. Die Halme, von der Last befreit, strecken sich wieder der Sonne entgegen. Noch für eine Weile ist der aufgezwungene Pfad im Gräsermeer zu erahnen. Ein geschultes Auge würde ihn wohl entdecken, könnte ihm mit den Blicken folgen, bis hin zum Waldrand. Würde wohl dort die Spur verlieren, denn ein Geschöpf in seiner natürlichen Umgebung verrät sich nicht für Fremde. Doch einer der selben Rasse würde ihn mit etwas Verstand aufspüren können. Ein gebrochener Zweig hier und da. Dort ein zerrissenes Spinnennetz. Aber hier in der Gegend ist dieses schleichende Wesen das einzige seiner Art, von den Bewohnern in einen Schleier aus Düsternis und Furcht gekleidet. Es kniet hinter einer Hecke. Der schlanke, muskulöse Körper ist angespannt, Die hellen Augen wachsam auf eine Lichtung gerichtet. Eine Hand streicht das lange silberne Haar aus dem Gesicht. Gier ist auf den schmalen Lippen zu sehen. Unmenschliche, unbeschreibliche Gier, welche die Lust nicht ganz verbergen kann. Das fast menschlich anmutende Geschöpf streicht sich mit den schlanken Fingern über den Hals, über die Schulter, tastet sich über das Schulterblatt hin zum Köcher. Geübt tastet das Wesen nach einem Pfeil, streicht sich selbstverliebt mit dem Gefieder über das Gesicht. Als wären sie eins liegt der Bogen in seiner Hand. Der Pfeil wird angelegt, die Sehne gespannt. Noch einmal fixieren die Augen das Ziel. Tödliche Kälte liegt in ihnen. Nahezu liebevoll lösen sich die Finger von dem hellen Holz des Pfeiles, welcher sich seinen Weg bahnt. Unaufhaltsam. An die Ohren dringt ein erstickter Schrei, einen Herzschlag später folgt der dumpfe Aufschlag eines Körpers. Das Wesen erhebt sich. Bedächtig. Saugt die Luft genüßlich in sich auf, erschnuppert den süßlichen Geruch von Blut. Schleicht sich voran, lauernd. Immer näher auf sein Opfer zu. Schlangengleich windet sich dieses Geschöpf an der Hecke vorbei auf den Leib zu. Eine Aura der Kälte und des Todes mit sich ziehend. Der Pfeil hat die Kehle des Menschenkindes durschlagen. Helles Blut sickert aus den Wunden, fließt über den Hals, tränkt den lieblichen Waldboden. Die schlanken Finger ziehen das Mordwerkzeug aus dem Leib des Kindes. Die kalten Augen gleiten über das weibliche Gesicht, streifen mit einem gierigen Aufblitzen den Hals und verweilen etwas länger auf den sich kaum abzeichnenden Brüsten unter dem Kleid. Der Kopf des mörderischen Wesens neigt sich über das Haupt des Mädchens, versteckt das vom Tod gezeichnete Gesicht unter seinem silbernen Haar. Die schmalen Lippen, bleich, umschließen bebend die Halswunde. Gierig, nahezu ausgehungert, saugt es das Blut in sich auf, entringt dem kleinen Körper jeden Tropfen des nach Eisen schmeckenden Elixiers. Gesättigt blickt es auf das Gesicht seines Opfers. Sieht in einstmals tiefe, jetzt gebrochene Augen. Zieht langsam einen schmalen Dolch aus der am Gürtel befestigten Scheide. Ein freudiges Lächeln bereitet sich auf dem Gesicht aus. Geradezu zärtlich schneidet es die Augen aus dem kindlichen Gesicht. Ein Raunen erklingt aus seinem Mund, das magische Worte formt. Es öffnet einen kleinen Beutel an seiner Hüfte und lässt die, nun mit einer Kristallschicht überzogenen Augen hineingleiten. Mit einem kaum hörbaren Klirren treffen sie auf andere ihrer Art. Das Geschöpf verkriecht sich wieder, zurück in den Wald, schleicht wieder über die Wiese, drückt mit den Stiefeln Gras zu Boden und lässt es sich wieder erheben. Huscht scheinbar ziellos ein paar Stunden über das weite freundliche Land und erreicht am Ende des Tages seine Heimstatt. Verborgen, unerkannt, legt es sich schlafen. Zufrieden, befriedigt. Es weiß wie die Bewohner reagieren werden, wenn sie die Leiche finden. Sie werden hetzen, schreien und klagen, werden seinen Namen schreien und schwören ihn zu vernichten. Er liebt es, sie in ihrer Verzweiflung und Wut zu sehen, ihre schrillen Stimmen zu hören wenn sie immer wieder danach schreien den Elf zu töten, ohne ihn je zu finden.



A mathematican is a blind man in a dark room looking for a black cat which is not there

http://www.sloganizer.net/style3,lebenskrank.png

.x[Charles R. Darwin]x.


De_Profundis Offline

Randgruppe für sich


Beiträge: 79

03.06.2005 21:33
#2 RE:Der Elf Antworten

Geniale Story. Muss man dir lassen. Aber ich kannte sie ja schon länger...


Gestern standen wir noch am Rande des Abgrunds. Heute sind wir aber schon einen ganzen Schritt weiter...
- Zitat einer SIEMENS-Scheißhaus-Wand

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